Geflohen und im Klassenzimmer angekommen
Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Menschen auf der Flucht. Auch die 7-jährige Daryna und ihre Mutter haben ihre Heimat verlassen müssen. Seit Mittwoch besucht das Mädchen eine Schule in Karlsruhe.
In der Ukraine ging Daryna in ihrer Heimatstadt Charkiw in die erste Klasse. Nach dem Ausbruch des Krieges beschließt ihre Mutter mit ihr nach Deutschland zu fliehen. Nach ein paar Wochen bei einer Karlsruher Familie, in einem neuen Land mit neuen Menschen und neuer Sprache, ist es Darynas erster Tag in ihrer neuen Schule.
Daryna besucht eine Vorbereitungsklasse an der Karlsruher Gutenbergschule. Hier lernen Kinder aus Flüchtlings- und Migrantenfamilien die deutsche Sprache, um später am Regelschulbetrieb teilnehmen zu können. Ihre Lehrerin Vera Walbersdorf klebt kleine bunte Papierstücke, die die Kinder vorher ausgemalt haben, an die Wand.
Es ist ein Friedenssymbol, das jetzt das Klassenzimmer schmückt.
Schon an ihrem ersten Tag in der Klasse wirkt Daryna angekommen. Deutsch kann hier noch keiner perfekt, bei vielen sind es nur ein paar Worte. Trotzdem verständigt man sich irgendwie. Und das klappt. Jeder hier weiß was es bedeutet, der oder die Neue zu sein.
„Die Kinder haben sich sofort um Daryna gekümmert. Die Klasse ist sehr empathisch und offen, deshalb glaube ich, dass wir es schaffen, Kinder aufzunehmen, die aktuell ein großes Päckchen mit sich tragen.“
Vera Walbersdorf, Lehrerin an der Gutenbergschule
Schulglocken statt Bombenalarm. Wenn man Daryna sieht, wie sie mit den anderen Kindern ein neues Lied in einer fremden Sprache singt, vergisst man fast, dass sie noch vor ein paar Wochen mit ihrer Mutter vor einem Krieg geflohen ist. Lachen, singen, reden mit Händen und Füßen, und natürlich auch etwas lernen. Einfach etwas Ablenkung schaffen.
Auch für Lehrerin Vera Walbersdorf ist es nicht immer einfach. Über Daryna beispielsweise weiß sie nicht viel, nur, dass ihr Vater noch in Charkiw ist. Daher ist es schwer einzuschätzen, was die Kinder beschäftigt. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Kinder wie Daryna wieder in die Schule gehen können, erzählt die Lehrerin.
„Es ist ganz wichtig, dass die Kinder eine Art Alltag bekommen, annähernd so etwas wie Normalität. Und auch für die Eltern ist es wichtig, Zeit für sich zu haben, um alles zu verarbeiten.“
Vera Walbersdorf, Lehrerin an der Gutenbergschule
Für viele Familien aus der Ukraine ist die Zukunft noch ungewiss. Auch Darynas Mutter weiß noch nicht, wie es weitergeht. Wenn es jemand aber schafft, ein traumatisches Ereignis hinter sich zu lassen, dann sind es die Kinder, meint Vera Walbersdorf. In den kommenden Tagen erwartet sie noch weitere Kinder aus der Ukraine. In ihrer Klasse sind sie alle willkommen.
von Hanna Radgen
STAND: 24.3.2022, 6:05 UHR